Biber
Das bis zu einem 1.40 Meter grosse und 35 Kilogramm schwere Tier hat eine Lebenserwartung von rund 20 Jahren. Sein braunes Fell ist mit 23.000 Haaren pro Quadratzentimeter (Mensch: bis zu 600 Haare pro Quadratzentimeter) sehr dicht, und schützt vor Nässe und Auskühlung. Lebensraum des Bibers sind stehende und träge fließende Gewässer mit auwaldähnlicher Ufervegetation aus Aspe, Weide, Esche, Birke oder Erle. Die europäischen Biber werden 80 bis 95 Zentimeter gross (mit Schwanz 100 bis 130 Zentimeter), 10 bis 15 Jahre alt und 20 bis 30 Kilogramm.
Die Biberpopulationen sollen untereinander vernetzt werden. Dies ist das Hauptziel des Schweizer Biberschutzes. Naturfreunde haben zwischen 1958 und 1977 an verschiedenen Orten rund 140 Exemplare
wieder angesiedelt. Die ausgesetzten Biber trafen auf eine von Menschenhand veränderte Landschaft: Fliessgewässer waren begradigt, Feuchtgebiete entwässert und Auengebiete grösstenteils
verschwunden. Anpassungsfähiger als angenommen, hat sich ihr Bestand auf schätzungsweise 350 bis 400 Exemplare erhöht.
Oft gestalten Biber ihren Lebensraum durch ihre vielfältigen Aktivitäten beträchtlich. Durch das Fällen von Bäumen schaffen sie beispielsweise Licht für neue Pflanzen, die wiederum
Nahrungsgrundlage für viele andere Tiere sind. So können auch zahlreiche andere Arten vom Schutz der Biber profitieren. Ziel ist es, einen robusten Biberbestand innerhalb des ursprünglichen
Verbreitungsgebietes zu schaffen, der langfristig selbständig in unserer Kulturlandschaft überleben kann. Biber leben vor allem in den flachen Regionen des Tieflandes und den grossen Alpentälern
wie dem Rhônetal. Als reine Vegetarier ernähren sie sich von Weichhölzern und Kräutern.
Zeitungsbericht: Aargauer Zeitung vom 26.12.2010:
Bei massiven Biberschäden erschallt bereits der Ruf nach Abschüssen der geschützten Tiere. Der Bund erlaubt das zum Glück nur in Ausnahmefällen und setzt hohe Hürden.
Staat muss Schäden ab 2011 bezahlen,
Abschuss erst ab 10 000 Franken und mit Bewilligung des Bundes
Nicht allein in Biberstein haben sich die mit Erfolg ausgesetzten Biber wieder angesiedelt. Entlang den grossen Flüssen leben immer mehr Familien, zunehmend weichen sie aus Platzgründen bei genug Futterangebot auch auf die Seitengewässer aus. Neben den Uferauen von Aare, Rhein, Limmat und Reuss «beobachten wir sie auch an der Wyna, Suhre, Uerke, Surb, Pfaffnern, Bünz und am Etzger- und Chrüzlibach», sagt der neue Biber-Verantwortliche Christian Sutter von der Sektion Jagd und Fischerei in der Abteilung Wald. Der Aargauer Bestand wird nach wie vor auf rund 270 Tiere geschätzt, in der ganzen Schweiz ergab eine Bestandesaufnahme rund 1600 Biber. «Das nächste Monitoring machen wir erst 2012, bis dann wird es keine neuen Zahlen geben», betont Sutter.
HABEN WIR BEREITS zu viele Biber im Aargau und wie werden sich die vor 50 Jahren angesiedelten Tiere weiter ausbreiten? Diese und ähnliche biberernste Fragen stellte Grossrat Sämi Richner (EVP, Auenstein) dem Regierungsrat, auch zu einem Biber-Konzept oder wenigstens einem Leitbild des Kantons, zu den Schäden der letzten Jahre und möglichen Abschüssen. Man kann laut Antwort der Regierung auf die Interpellation beruhigt sein: Wie bei allen geschützten Wildtierarten liegt die Verantwortung beim Bund, der Kanton hat dennoch einen Massnahmenplan in Arbeit. Die weitere Entwicklung ist für den Fachmann schwierig abzuschätzen. Starke und gesunde Kernpopulationen sind für die Ausbreitung wichtig. Biber markieren ihr Revier und verteidigen es auch gegen eindringende Artgenossen.
DIE SCHÄDEN WERDEN STEIGEN, wenn sich die Biber in den Auen an den grossen Flüssen und entlang den Seitengewässern weiter ausbreiten. «Konflikte zwischen Menschen und Bibern werden zunehmen», befürchtet die Regierung, denn der Spass hört spätestens dann auf, wenn die putzigen Tiere Obstbäume im Hausgarten oder in Plantagen fällen, Zuckerrüben verspeisen oder wertvolle Waldbäume umlegen. Bis Ende dieses Jahres konnten keinerlei Schäden abgegolten werden. Auf der Basis des neuen Aargauer Jagdgesetzes, das seit Anfang Jahr in Kraft ist, ändert sich das jedoch ab Anfang 2011. Der Kanton kann Biberschäden in Landwirtschaft und Wald vergüten, «die Schadensumme ist überhaupt nicht absehbar», erklärt Sutter dazu. Und er schiebt gleich eine wesentliche Einschränkung nach: Ähnlich wie bei den Wildschweinen müssen Bauern und andere Betroffene zuerst einmal zumutbare Massnahmen für die Verhinderung der Schäden treffen.
ZWEI VERSIERTE BIBER-BEAUFTRAGTE hat der Kanton gemäss Regierung in seinen Diensten, den amtlichen Reservatsaufseher und eidgenössisch diplomierten Wildhüter Peter Hohler aus Gipf-Oberfrick und den externen Wildbiologen Andres Beck aus Wettingen. Sie helfen mit, den geistigen Boden vorzubereiten, denn die Zahl der möglichen Aargauer Biber wird «durch die Akzeptanz des Grossnagers in der Öffentlichkeit mitbestimmt, glaubt die Regierung und bezeichnet es als sinnlos, eine ideale oder maximale Bestandesgrösse vorgeben zu wollen. Klar ist
indessen, was die scheuen Wassertiere zum Leben benötigen. Auen sind ideal, «der Auenpark Aargau hat sicher eine positive Wirkung auf die Biber», versichert Sutter. Bäume, am liebsten weichholzige Weiden, fällen sie übrigens nicht aus Zerstörungswut. Die Äste dienen als Nahrung, bei dickeren Bäumen auch die Rinde. Falls nötig, können die Biber mit dem Astmaterial Dämme errichten, denn der Eingang zum Biberbau ist immer unter Wasser. Damit schützen sich die Tiere vor unerwünschten Eindringlingen.
DER ABSCHUSS VON WILDTIEREN ist als allerletztes Mittel aufgeführt, wenn alle anderen Massnahmen nicht greifen. Die heftigen Reaktionen der Öffentlichkeit und der Medien auf die Schüsse gegen fremde Vögel und eigene Schwäne wird die Sektion Jagd und Fischerei wohl zu zusätzlicher Vorsicht bringen. Zuerst einmal stützt sich jeder Eingriff in den Bestand auf das Konzept Biber Schweiz. Das heisst: Die Schäden müssen zwingend durch eine Fachperson ermittelt werden, welche auch abklärt, ob die zumutbaren Verhütungen getroffen worden sind. «Wir müssen ein Gesuch ans Bundesamt für Umwelt richten», erläutert Sutter. Und nur wenn die Schadenssumme innert zweier Monate 10 000 Franken übersteigt, darf der fehlbare Biber entfernt werden. Wer den finalen Schuss befehlen darf, lässt die Regierung offen. «Der Entscheid liegt beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU)», heisst es dazu lapidar. Grossrat Sämi Richner hatte präzis wissen wollen, ob Sektionsleiter René Urs Altermatt allein zuständig sei. «Die Antwort der Regierung ist sehr dürftig ausgefallen», klagt Richner, der in Auenstein die Biber quasi vor der Haustür hat.
Biber-Konzept:
Mit einem «Konzept Biber Schweiz» legt das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) fest, wie sich die Kantone im Umgang mit dieser Tierart verhalten müssen. Der Biber gilt als Sympathieträger für natürliche Flusslandschaften und Seeufer, aber er kann durch seine Bauten und das Fällen von Bäumen auch erhebliche Schäden anrichten. Konfliktpotenzial besteht in der Land- und Forstwirtschaft, die Tiere können Obst- und Gemüsekulturen schädigen. Wenn es an den Flüssen zu wenig Nahrung hat, können sie sich an Zuckerrüben oder in Maisfeldern sattfressen.
Es gilt der Grundsatz: Bund und Kantone fördern die Schaffung von Lebensräumen für die Biber. Sie sind auch für die Vergütung der Schäden zuständig. Allerdings denken die Kantone nicht daran, leichtfertig Gelder auszuschütten. Gefordert wird eine zumutbare Prävention, was in Gärten durch Gitter leicht möglich ist. Erst wenn es in einem Gebiet mehrere Schadenfälle gibt und die Summe in zwei Monaten 10 000 Franken übersteigt, ist unter Umständen «das Entfernen einzelner Biber» möglich. Ein Thema ist auch die Umsiedlung. Nur verletzte, kranke oder schwache Tiere dürfen abgeschossen werden. |