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az, 17. Februar 2012 / Carolin Frei

 

Wild findet noch Brombeerblätter und Knospen

Die Kälte können die Tiere wegstecken, gestört zu werden hingegen weniger.

Diese Kält ist noch kei^ne Notzeit
Hier sind mehrere Lager zu finden, wo die Rehe in Abständen von 3 bis 4 Metern übernachtet haben.

„In unserem Revier wachsen viele Brombeersträucher“, sagt Erich Schmid, seit 10 Jahren Präsident der Jagdgesellschaft Wasserschloss. Davon und von Knospen würde sich das Wild im Winter ernähren. „Problematisch würde es erst, wenn viel Schnee liegt, der gar noch gefroren wäre.“ Dann schaffen es die Tiere nicht mehr, mit ihren Hufen den Schnee wegzuscharren, um etwa Brombeerblätter freizulegen. In einem solchen Fall würden die Jäger Efeu von den Bäumen reissen oder sie bitten den Förster, eine Weisstanne – die schmeckt dem Reh besonders – zu fällen. „Seit Jahren war dies jedoch nicht mehr nötig“, erinnert sich Schmid. Auch Konrad Schibli, Jagdaufseher in Künten und Mellingen, sowie Willy Dräyer, Jagdaufseher vom Revier Heitersberg, sehen aktuell keine Notwendigkeit, dem Wild Futter bereitzustellen. Nahrung sei vorhanden und solange die Tiere nicht gestört würden, sei alles im grünen Bereich.

 

Energieverbrauch auf Sparmodus

Das Reh sorgt selber vor, legt sich im Herbst einen Feist (Fettschicht) zu, um sich für den Winter zu wappnen. Rehe seien Nascher, sagt Schmid, der zusammen mit 9 Kollegen das Gebiet Birmenstorf, Rütihof, Gebenstorf und Turgi betreut. Sie würden den Sommer über Kräuter, Gräser oder verholzte Triebe von Sträuchern und jungen Bäumen äusserst selektiv wählen. Rund achtmal am Tag „schneuggen“ sie, was da Feines auf dem Speisezettel steht. Zum Wiederkäuen ziehen sie sich ins Lager zurück, das sie im Sommer gerne am Waldrand platzieren. Den Winter über bevorzugen sie eine windgeschützte Lage im Gehölz. In der kalten Jahreszeit fährt das Reh zudem seinen Energieverbrauch herunter, indem es sich weniger bewegt, häufiger im Lager ruht. Deshalb ist die Ruhe für das Wild in dieser Zeit besonders wichtig. „Eine Flucht kostet viel Energie, die dann zum Überleben fehlt“, betont er.

 

Salzlecken für den Stoffwechsel-Haushalt

Im Gebiet Petersberg ob Gebenstorf, das an die Badener Baldegg grenzt, hat die Jagdgesellschaft Wasserschloss gut 12 Salzlecken aufgestellt. Dazu wird der obere Teil eines Baumes gestutzt und mit einem kurzen Plastikrohr versehen. In das Rohr werden Salzsteine gelegt, die mit einem Blumentopf zugedeckt werden. Wenn es regnet, fliesst Wasser durch das Loch im Topf zu den Salzsteinen. Das Salzwasser versickert danach in den Stamm und dringt in die äusserste Holzschicht, die von den Tieren abgeleckt wird. Mit den Salzlecken soll das Wild leichter an Mineralstoffe kommen, die für den Stoffwechsel benötigt werden. Diese Lecken sind das ganze Jahr „in Betrieb“, nicht nur im Winter.

 

Zur Wildpflege, die der Jagdgesellschaft obliegt, gehört auch das Schiessen der Tiere. Den Sommer über beobachten die Jäger das Wild. Vor allem schwächliche Tiere, die den Winter nicht überleben würden, werden geschossen. „Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass ein Tier die kalte Jahreszeit nicht überlebt“, sagt Schmid. Das sei Natur, das müsse der Mensch respektieren.

Rehverbiss zu Notzeiten
Fotos Carolin Frei

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AARGAUER ZEITUNG       Fr, 17. Febr. 2012       Frei Carolin

Rehsprung auf dem Petersberg, 2011                                                                      Foto Walter Schwager

AZ, 17. Febr. 2012
AZ, 17. Febr. 2012