März

Der dritte Monat im Jahreslauf begrüsst uns milde. Mancherorts hat es wieder geschneit, anderswo spriessen schon die Primeln. Eines lässt sich aber nicht mehr leugnen, auch wenn es noch kalt ist, der Frühling naht. Erstes Grün beginnt zu spriessen und am Waldrand blüht schon der Huflattich. Auch für das heimische Wild naht das Ende der Sparzeit und es beginnt jetzt wieder eine aktivere Zeit. Der Frühling deckt aber auch auf, was der Winter getan hat.

 

Rehe im Frühlinge
Die beiden Rehe geniessen schon die frühlingshafte Sonnenwärme am Wettinger Waldrand (RUNDSCHAU)

Überall scheint es aufwärts zu gehen, auch bei den Rehen. Allerdings nicht bei allen. Für manche geht mit dem Winter auch das Leben zu Ende. Manches Tier, das sich bis jetzt ganz gut durch den Winter gerettet hat, gibt jetzt den Geist auf. Die letzten, der im Spätsommer und Herbst angelegten Reserven sind aufgebraucht, oft auch bereits Muskelmasse abgebaut. Die Pansenschleimhaut hat noch nicht ihre alte Oberfläche wieder erlangt, und zum Sammeln der noch kargen Nahrung wird viel Energie verwendet. Ja, so lange tiefer Schnee lag, ruhten die Rehe viel und sparten Energie. Jetzt aber lockt das erste und doch noch spärliche Grün. Die Rehe sind gierig danach und ziehen viel, um sich den Pansen halbwegs zu füllen. Dabei wird manchmal mehr Energie verbraucht als aufgenommen. Der Verdauungstrakt ist aber auch noch nicht auf wirklich energiereiche Nahrung eingestellt. 

 

Mitte März, aber vereinzelt auch schon früher, leuchten an Holder- und Haselstauden hell die ersten Fegemarken. Die Böcke haben in ihren Stangen genug Kalk eingelagert. Die Durchblutung der Stangen und damit die Zufuhr von Aufbaumaterial versiegt. Der Bast trocknet ein, und die Stangen werden gefegt. Beliebte „Fegestauden“ sind Weichhölzer. Holder und Hasel müssen fast in jedem Revier dran glauben. Auch die Douglasie ist beliebt, zumal sie stark harzt und duftet. Das sind Merkmale, die auch die Waldkiefer und im Gebirge vor allem die Zirbe aufweisen. Grundsätzlich mögen Rehböcke aber auch Gehölze, die im Revier eher zu den Minderheiten gehören. In manchen Revieren sind das die Weisstannen. Sie müssen vielfach auch dann noch dran glauben, wenn sie längst den Äsern entwachsen sind. Die Böcke bevorzugen Ruten und Stämmchen von Daumenstärke und etwas dicker. Manchmal tobt sich ein Bock aber auch an wesentlich stärkeren Hölzern aus.

 

Mit zunehmender Tageslichtlänge werden vermehrt Geschlechtshormone produziert. Diese laufen den bisher dominierenden Wachstumshormonen sozusagen den Rang ab. Dieser Hormonwechsel bewirkt nicht nur die Fertigstellung der in den vorangegangenen Winterwochen aufgebauten Geweihe. Er führt auch zu einem ganz eklatanten Wechsel im Verhalten der Böcke. Seit letztem Sommer kamen sie gut miteinander aus, teilten sich problemlos Einstände und Äsungsplätze. Jetzt aber gehen sie auf Distanz zueinander, ja sie begegnen sich mit zunehmender Aggression. Sie werden territorial, beanspruchen ihre kleinen Lebensräume für sich alleine. Dabei haben sie aber mit dem weiblichen Geschlecht keine Probleme, nur mit Artgenossen. Früher glaubten viele Jäger, die Böcke würden ihre Sommereinstände nach der Zahl der in diesen lebenden Geissen und vor allem Schmalgeissen aussuchen. Dem ist jedoch absolut nicht so. Ob in ihren Einständen viele, nur wenige oder im Extremfalle gar keine „Damen“ leben, das ist den Böcken völlig egal. Ja, es muss ihnen sogar egal sein, weil sie ihre Sommerwohnräume nicht wechseln, und weil sie weder auf die Sterblichkeit noch auf die Abwanderung von Geissen irgendeinen Einfluss haben. Für diese interessieren sie sich ausschliesslich in den wenigen Tagen der Brunft. Allzu grossen Ärger bereiten sich die Böcke auch untereinander nicht. Die meisten Dreijährigen hatten schon im vergangenen Jahr einen eigenen Wohnraum. Den beziehen sie neuerlich und markieren ihn ausgiebig mit Fegemarken und Plätzstellen. Ihre Nachbarn tun genau dasselbe. Zu ernsthaften Konflikten kommt es dabei nicht, selbst wenn es gelegentlich zu kleinen „illegalen Grenzübertritten“ kommt. In der Regel dominiert der ältere von zwei Böcken, ziemlich unabhängig von seinem Gewicht und seiner Geweihstärke.

 

In der Regel will ein Bock seinen Sommerwohnraum auch nicht vergrössern, sich also noch Gelände aneignen. Das wäre auch nicht sonderlich klug. Schliesslich müsste er es zusätzlich markieren und verteidigen, was zu Lasten seiner Ruhe und seiner Äsungszeit ginge, ohne ihm tatsächlich Vorteile zu bringen. Ärger gibt es nur mit wirklich jungen Böcken, etwa den zweijährigen, die sich noch auf Wohnungssuche befinden oder mit frühreifen Jährlingen, die zuweilen ihre Grenzen ausloten.

 

Auch die Geissen werden zumindest während der Setz- und frühen Aufzuchtszeit territorial, wenn auch nicht ganz so streng wie die Böcke. Noch aber stehen sie zusammen, nutzen ohne Konflikte die Äsungsplätze gemeinsam. Gleichwohl sind sie Einzelgänger. Wirkliche Bindungen bestehen nur zwischen den Geissen und ihren vorjährigen Kitzen. Diese sind zwar „ernährungstechnisch“ schon lange komplett selbstständig, und ihre Bindungen an die Mütter sind mitunter recht locker, aber die Kitze profitieren von der gesammelten Lebenserfahrung ihrer Mütter. Nun darf man getrost davon ausgehen, dass die Lernfähigkeit von Rehgeissen so unterschiedlich ist wie die von uns Menschen.

 

Jetzt im März ist den Geissen die Trächtigkeit schon anzusehen. Sie werden rundlich. Andererseits ist jetzt längst nicht mehr jede im Sommer fruchtbar beschlagene Geiss trächtig. Manche brachten zwar zwei oder sogar drei Eier zur Befruchtung und tragen jetzt doch nur einen oder auch gar keinen Embryo mehr aus. Ihre Körper haben im Laufe des Herbstes oder Winters erkannt, dass sie der Belastung nicht gewachsen sind und haben befruchtete Eier resorbiert oder auch Föten abortiert. Je höher die Rehwilddichte im Verhältnis zum Nahrungsangebot, umso mehr Geissen verlieren ihre Frucht. Während der kargen Winterwochen war der Energiebedarf für die Entwicklung der Föten erstaunlich gering. Aber jetzt, wo es so ganz langsam aber sicher auf die Geburt zugeht, steigt er deutlich an. Da heisst es für die Geissen äsen und nochmals äsen! Dabei geht es nicht nur um das spätere Geburtsgewicht der Kitze, sondern, was viel wichtiger ist, um das Mass der Milch, die produziert werden kann.

 

Ende des Monats beginnt bei den Rehen schon der Haarwechsel. Allerdings wechseln sie nicht gleich von der braunen Winter- in die rote Sommerdecke. Der Wechsel beginnt eher schleichend mit dem Abbrechen der braunen Haarspitzen. Die bis dahin glänzend braune Winterdecke bekommt zuerst ein stumpfes Aussehen, um dann immer grauer und ruppiger zu werden. Vom roten Sommerhaar ist jetzt freilich noch nichts zu sehen.

 

(Quelle: Bruno Hespeler: Rehwild im März)

 

Bache mit Frischlingen

Beim Schwarzwild frischen bereits die ersten Bachen jetzt im März. Die Rausche beginnt ja schon im November, da sie sich bis in den Januar hinein zieht, werden manche Frischlinge erst Ende April bis hinein in den Mai geboren.

 

Bei der Stockente kommt es jetzt zu vermehrter Territorialität, es kommt zu einer Absonderung der Brutpaare und gegen Ende des Monats wird bereits ein geeigneter Nistplatz gesucht.

 

Beim Feldhasen ist man schon etwas weiter, die meisten Häsinnen haben bereits Junge zu versorgen.

 

Die Hirsche werfen das Geweih ab, teilweise schon im Februar, manche jetzt im März. Rotwild folgt ja einem anderen Rhythmus als das Rehwild, das schon bald zu verfegen beginnt. In den Niederungen geht der Schnee weg, der so manches tragische Schicksal eines schwachen Kitzes überdeckt hatte. Was sich Fuchs und Krähen noch nicht geholt haben wird nun sichtbar.